Potajes, enyesques und jareas: die Wurzeln der Küche auf Lanzarote
José Saramago sagte, dass Identität weder durch einen Namen entsteht, noch durch unseren Geburtsort oder unseren Geburtstag. „Die Identität besteht im Sein“. Und „sein“ bedeutet unter anderem spazieren gehen, nachdenken … und essen.
Heute reisen wir zu den Köstlichkeiten, die der Trockenfeldbau auf Lanzarote hervorbringt.
Wir werden ganz besonnen in den Wurzeln der Insel versinken: in der Landschaft, die uns mit Sauerstoff versorgt, und in den Speisen, die uns ernähren. Schließlich sind wir, was wir essen.
Die „Magie” der mineralischen Aromen
Nirgendwo auf dem Planeten können Sie einen Ort finden, der ähnliche Weine und Hülsenfrüchte hervorbringt wie Lanzarote. Der Grund ist einfach: Die hiesigen Feldfrüchte entstammen einem mineralischen Boden, der von Feuer, Wasser und Wind geprägt wurde. Zudem wachsen sie in weltweit einzigartigen Anbausystemen, die auf die besondere Natur der Insel abgestimmt sind. Nur hier sind sie möglich.
„Welche Bewässerung wird hier verwendet?“, fragt ein Instagram-Nutzer einen Bauern, der gerade das Foto einiger Erbsen in einer Vulkansandgrube gepostet hat. „Keine. Die Erbsen erhalten ihre Nährstoffe aus dem Regenwasser.“ Es wirkt wie eine Superkraft aus einem Marvel-Film. Aber nein: Es ist die traditionelle Landwirtschaft auf Lanzarote. Die Verwaltung des Biosphärenreservats Lanzarote fördert diese Anbauweise mit Aktivitäten wie Cultivando futuro (Die Zukunft kultivieren), einer Empfehlung, die dazu einlädt, den Boden ökologisch zu bewirtschaften und nachhaltige landwirtschaftliche Systeme zu schaffen.
Dicht, bissfest, mit zarten und konzentrierten Aromen… Getreide und Gemüse spielen die Hauptrolle in den regionalen Tellergerichten. Lanzarote können Sie erst dann ganz verstehen, wenn Sie paar Rippchen mit piña de millo (Ananashirse, d. h. Maiskolben), einen potaje de lentejas (Linseneintopf), einen puchero (Kanarischer Eintopf) oder einen gebrühten Gofio mit Zwiebeln gegessen zu haben, wie Sie ihn im Casa Monumento al Campesino genießen können.
Kakteen und Kaktusfeigen: die Geschichte der Insel auf Ihrem Teller
Die gastronomische Philosophie der Zentren für Kunst, Kultur und Tourismus Lanzarote beruht auf der Verwendung regionaler Produkte, der Vermittlung der kulturellen Essenz der Insel und einer ausgewogenen Mischung aus Tradition und Aktualität.
Eines ihrer innovativsten Angebote ist in den viertausend Sukkulenten zu finden, die den Kakteengarten bilden. Ebenso wie in Mexiko sind die Kakteen die Königinnen der Speisekarte in diesem idyllischen Kaktusgarten, dem letzten großen Werk von César Manrique. Als enyesque (Tapa) bestellen wir einige zarte Nopalitos in Olivenöl und einen Kaktus-Burger, der für Veganer geeignet ist, und auch Omnivoren mit anspruchsvollem Gaumen hervorragend mundet.
Wir sind nur wenige Kilometer von den Kakteengärten in Guatiza und Mala entfernt: Dies ist wirklich lokale Gastronomie aus null Kilometern Entfernung. Wir reisen weiter durch die Aromen der Kakteen und genießen ihre fleischige Textur als Füllung einiger ausgezeichneter Kroketten und kosten einige Früchte (tunos) in Form einer Marmelade, die perfekt zu einer der schmackhaften Sorten von Ziegenfrischkäse passt, die auf der Insel hergestellt werden. Übrigens kam es bis vor Kurzem gar nicht selten vor, dass Kinder von Ziegen gesäugt wurden. Eine der Lanzaroter Käsereien zeugt mit einem schönen Schwarz-Weiß-Foto von diesem ländlichen Brauch.
Zum Abschluss gönnen wir uns ein Kaktus-Eis und einen Kaktus-Likör, die ebenfalls beide aus Kakteen in der direkten Umgebung zubereitet wurden. Diese Kakteen dienen vor allem zur Herstellung von Cochenille, einem natürlichen Farbstoff, der in der Lebensmittel- und Textilindustrie hochgeschätzt wird. Ein solcher Gaumenschmaus verleitet uns dazu, nach weiteren Produkten aus der Region zu fragen, zu erfahren, wer sie herstellt und wo wir sie kaufen können und so stöbern wir nach dem Essen im Netzwerk von Saborea Lanzarote (wobei uns förmlich das Wasser im Mund zusammenläuft).
Anpassung, Nachhaltigkeit und Superfoods
Um die Eigenheit dieser Insel verstehen zu können, muss man sich nach unten beugen und beobachten. Die Salzgärten an der Küste bringen Salz hervor, das zu Flocken verschmolzen Tomaten-Zwiebel-Salate würzt. Die schwarzen Kieselsteine (rofe, picón), die vor drei Jahrhunderten beim Ausbruch des Vulkans Timanfaya hervorgestoßen wurden, sind noch immer das Polster, das die Feldfrüchte vor Sonne und Wind schützt und zugleich der Schwamm, der die Feuchtigkeit der Umgebung aufnimmt und speichert. So entstehen die Kartoffeln aus Los Valles.
Auf La Graciosa wird noch immer die Methode des jarear (in der Sonne trocknen) für Fische wie Meerbrassen oder Goldstriemen eingesetzt. Früher, als man kein Eis hatte, war dies eine unerlässliche Methode der Haltbarmachung. Der Meeresnebel schenkt den Kulturpflanzen mehr Kraft. Die wilden Pflanzen und die Obstbäume, die in der Nähe der Pflanzgräben von La Geria wachsen, aromatisieren die Trauben, aus denen einige der Weine mit der geschützten Herkunftsbezeichnung D.O. Lanzarote hergestellt werden. All dies ist Teil der natürlichen Technologie, die auf Lanzarote von Bauerngeneration zu Bauerngeneration überliefert wurde, die gezwungen waren, sich dem Magma entgegenzustellen, um von vorn zu beginnen.
Wandern ist eine der Tätigkeiten, bei denen wir am besten eine Verbindung zur Kultur dieser Vulkaninsel aufbauen können. Eine der geschichtsträchtigsten Wanderrouten ist die Vuelta de Las Quemadas, die gemeinsam mit der Ermita de Los Dolores beginnt und zwischen Kratern und Weinbergen verläuft. Unweit von hier wachsen Süßkartoffeln, die im 19. Jahrhundert eingeführt wurden, und sich glücklicherweise an den jable angepasst haben, diese weißen Sandgebiete, die die Insel von Famara bis zu Playa Honda durchziehen, die aus den Resten von Muschelkalk und zerkleinertem Seetang entstanden sind und das Wasser ebenso gut speichern wie der Vulkansand.
Es gibt unzählige Restaurants auf der Insel, die ihre Speisen aus regionalen Produkten wie Süßkartoffeln zubereiten: Gemüse vom Land, landestypisches Fleisch wie kanarisches Schweinefleisch, Fische mit seidigem Fleisch wie der Wrackbarsch, und der gofio, der aus den Nachtischen gar nicht wegzudenken ist (und wunderbar mit Kakao harmoniert). Dieses gemahlene und geröstete Getreidemehl, das einst das Überleben der Bevölkerung von Lanzarote sicherte, ist heute ein Superfood, das immer noch in der La Molina de José María Gil hergestellt wird, welche bereits 1870 errichtet wurde.
Wir könnten uns keinen besseren Weg vorstellen, den Tag unserer Inseln zu feiern, als durch diese Agrarlandschaften und Küchen zu spazieren, die unsere Cuisine und unsere Lebensweise verständlich machen: Resilienz, Schlichtheit und Charakter … viel Charakter. 🙂
Frohen Tag der Kanarischen Insel!